Allgemeines
Behinderungen können angeboren oder erworben sein. Sie können (nach grober Unterteilung) körperlicher oder geistiger Natur sein oder in kombinierter Form vorliegen. Es wird geschätzt, dass etwa 10 % der Menschen in Mitteleuropa an einer mehr oder weniger starken Behinderung leiden. Ungefähr 8 % der Deutschen besitzen einen Schwerbehindertenausweis.
Die Untersuchung von behinderten Patienten
Je nach der Behinderung und dem Ausprägungsgrad kann die Untersuchung und Behandlung für den
Augenarzt erschwert sein. Oft muss der Arzt geduldig sein und mit einer etwas längeren Untersuchungs- und Behandlungsdauer rechnen. Bei manchen Krankheiten können unerwartete Bewegungen auftreten. Eventuell muss (z. B. mit einer Hilfsperson) der Kopf oder auch andere Körperteile in der richtigen Lage festgehalten werden.
Wenn eine ausreichende ärztliche Diagnostik und Therapie nicht möglich ist, so muss gegebenenfalls eine Vollnarkose vorgenommen werden, wie dies im Übrigen auch bei kleinen Kindern oft der Fall ist. So sind die Aktionen des Arztes weniger gefährlich für den Patienten, und der Therapieerfolg kann gesichert werden.
Manchmal ist es behinderten oder auch älteren Patienten nicht möglich, in die augenärztliche Praxis zu kommen. Hier ist es möglich, dass Hausbesuche vorgenommen werden. Allerdings bestehen dann Einschränkungen in den diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten, da z. B. keine Spaltlampe vorhanden ist. Dennoch können viele Untersuchungsgeräte und Instrumente im Arztkoffer zum Patienten mitgenommen werden.
Zusammenhang von Behinderungen und Augenkrankheiten
Manche durch erbliche oder erworbene Erkrankungen entstandenen Behinderungen stehen im Zusammenhang mit Augenproblematiken (z. B. auch im Rahmen einer Mehrfachbehinderung). Manchmal sind die Augenbeschwerden das Hauptsymptom, vielfach stehen andere Probleme im Vordergrund.
Ein Beispiel ist die Krankheit Multiple Sklerose (MS). Hier kommt es zu einer meist in Schüben verlaufenden Nervenschädigung, die neben Bewegungsstörungen, Taubheitsgefühl und weiteren Einschränkungen oft mit einer Verringerung der Sehschärfe und mit Doppelbildern einhergeht.
Beim Down-Syndrom (Trisomie 21), das mit einer mehr oder weniger starken geistigen Behinderung einhergeht, zeigen sich typische Veränderungen der Augen (so genannte Mongolenfalten der Lider, weißliche Sprenkelungen der Regenbogenhaut), und sehr oft besteht eine Seheinschränkung, z. B. durch
Kurzsichtigkeit,
Weitsichtigkeit,
Schielen oder
Grauen Star (Trübung der Linse).
Es gibt noch sehr viele weitere Syndrome, bei denen sowohl körperliche und/oder geistige Behinderung als auch Augenschäden auftreten können.
Besonderheiten bei sehbehinderten und bei blinden Patienten
Zu Behinderungen gehören auch starke Seheinschränkungen beziehungsweise
Erblindung. Eine Person leidet in Deutschland definitionsgemäß an wesentlicher Sehbehinderung bei einer Sehschärfe von unter 0,3 (30 Prozent) am besseren Auge, an hochgradiger Sehbehinderung bei einer Sehschärfe von unter 1/30 am besseren Auge, an
Blindheit bei unter 1/50 Sehschärfe am besseren Auge. Ebenfalls gelten besonders starke Gesichtsfeldeinschränkungen als Sehbehinderung beziehungsweise Blindheit.
Gerade in die augenärztliche Praxis kommen verhältnismäßig viele Patienten mit Einschränkungen des Gesichtssinns. Arzt und Personal sollten blinden oder sehbehinderten Personen mit dem gleichen Anstand begegnen wie anderen Patienten auch. Sie sollten hilfsbereit sein, die Patienten nötigenfalls führen und jeden Untersuchungs- oder Behandlungsschritt vorher ankündigen.
Rollstuhlgerechte Praxis
Für körperbehinderte Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, ist eine Arztpraxis wichtig, zu der sie leicht Zugang haben. Die Praxis sollte barrierefrei sein. Die rollstuhlgerechte Praxis beginnt bereits bei den Parkmöglichkeiten. Die Parkplätze sollten nicht zu weit weg von der Augenarztpraxis sein, und es sollte genug Platz vorhanden sein, dass auch Rollstuhlfahrer bequem ein- und aussteigen können. Idealerweise können die Praxis und alle Behandlungszimmer, Wartezimmer, der Empfang sowie die Toilette ohne Stufen oder Hindernisse erreicht werden. Wenn die Praxis nicht im Erdgeschoss ist, sollte ein Lift nutzbar sein. Bei Treppenstufen sollte das Personal hilfsbereit sein. Auch auf eine genügende Türenbreite muss geachtet werden, sie sollte wenigstens 90 cm betragen.
Auch der Untersuchungsstuhl sollte geeignet sein, also drehbar und stufenlos höhenverstellbar, so dass der Patient sich dort unkompliziert hinsetzen kann. Es gibt aber auch Untersuchungseinheiten in der Augenheilkunde, an denen der Patient direkt im Rollstuhl sitzen kann.
Eine solchermaßen gestaltete Praxis ist nicht nur von Vorteil für Menschen im Rollstuhl, sondern auch z. B. für ältere Personen, Eltern mit kleinen Kindern oder für Verletzte.