Grundlagen zur Tränenwegsoperation
Eine Verstopfung der ableitenden Tränenwege wird als
Tränenwegsstenose bezeichnet. Dies kann zu Problemen wie einem überlaufenden Auge oder Entzündungen führen. Um die Tränenwegsstenose zu behandeln, ist in vielen Fällen eine
Operation notwendig.
Die ableitenden Tränenwege
Die Tränenwege dienen dazu, die ständig von der Tränendrüse neu gebildete Tränenflüssigkeit aufzufangen und in die Nasenhöhle abzuführen. An der nasenseitigen Lidkante von Ober- und Unterlid finden sich zwei kleine Öffnungen (
Tränenpünktchen), die das Tränenwasser auffangen. Sie gehören zu zwei
Tränenkanälchen, die sich vereinigen und in zusammen den Tränensack münden. Vom
Tränensack aus geht der
Tränennasengang ab, über den schließlich die Flüssigkeit in Richtung Nasenhöhle weitergeleitet wird.
Ursachen einer Tränenwegsverstopfung
Die ableitenden Tränenwege können aus verschiedenen Gründen verengt oder verlegt sein. Beim Kind im Mutterleib besteht ein Häutchen (Hasner-Membran), das manchmal nicht richtig zurückgebildet wird und dann den Tränenwegsverschluss bedingt. Bei einer erst später entstehenden Tränenwegsstenose kann oft keine Ursache gefunden werden. Manchmal sind Entzündungen oder Verletzungen für die Stenose verantwortlich.
Funktionell kann auch ein Abstehen der Tränenpünktchen ein überwässertes Auge bedingen, was dann eher einer Lidoperation bedarf.
Zu welchen Beschwerden kann es kommen?
Meist wird vom Patienten bemerkt, dass am Auge übermäßig viel
Tränenflüssigkeit vorhanden ist. Diese läuft oft über das Unterlid herunter oder tropft heraus. Am Auge führt die vermehrte Flüssigkeit zu verschwommenem Sehen, was sich z. B. beim Autofahren oder Zeitunglesen bemerkbar machen kann. Es kann zur vermehrten Schleimbildung kommen. Manchmal entsteht eine
Tränensackentzündung (Dakryozystitis), die durch eine schmerzhafte Verdickung im Augen-Nasen-Bereich auffällig wird. Des Weiteren kann es auch zu Entzündungen an Lidern und Tränenkanälen kommen. Eine Tränenwegsstenose mit überlaufendem Auge kann langfristig zu Lidverziehungen führen, da sich der Patient die Tropfen ständig abwischt (so genanntes Wisch-Ektropium oder Wisch-Entropium).
Welche Untersuchungen werden durchgeführt?
Zuerst muss herausgefunden werden, ob eine echte Tränenwegsverengung oder ein -verschluss vorliegt und welche Stelle des Tränenwegssystems betroffen ist. Nach einer Befragung des Patienten (Anamnese) wird neben den augenärztlichen Grunduntersuchungen (
Sehtest, Betrachtung des Auges) eine Tränenwegsspülung durchgeführt. Durch diese Spülung kann oft schon abgeschätzt werden, wo sich die Tränenwegsstenose befindet. Eine Ultraschalluntersuchung des Tränensackes ist ebenfalls sinnvoll. Mit einer Röntgen-Kontrastmitteluntersuchung (Dakryozystographie, DCG) können die Tränenabflusswege sowie eventuelle Verstopfungen dargestellt werden.
Die verschiedenen Möglichkeiten der Tränenwegsoperation
Durch eine Operation der ableitenden Tränenwege soll ein normaler
Abfluss von der Augenoberfläche in die Nasenhöhle wiederhergestellt werden. Um dies zu erreichen, können mehrere Operationsmethoden vorgenommen werden. Nach den Ergebnissen der Voruntersuchungen wird die geplante Methode ausgewählt. Es kann auch während des Eingriffs vorkommen, dass eine andere Operationstechnik für den Befund als besser geeignet angesehen wird und diese dann durchgeführt wird.
Um die Gefahr einer Blutung zu vermindern, sollten gerinnungshemmende Arzneimittel einige Tage vor der OP abgesetzt werden.
Operationen an den Tränenwegen erfolgen in aller Regel in
Vollnarkose. Eine örtliche Betäubung genügt meist nicht.
Vor allem bei kindlichen Tränenwegsstenosen ist es oft ausreichend, eine therapeutische
Tränenwegsspülung mit Einlegen eines kleinen Schlauches (Tränenwegs-Intubation) durchzuführen. Das Schläuchlein besteht aus Silikon, wird über die Tränenpünktchen eingeführt und in der Nasenhöhle zusammengeknotet, um ein Herausrutschen zu verhindern. Durch diesen Schlauch wird vermieden, dass der Tränenweg sich zusetzt, verstopft oder verwächst.
Bei den meisten anderen Tränenwegsstenosen kann eine
endoskopische Tränenwegsoperation durchgeführt werden. Dies ist ein modernes Verfahren, bei dem kein Schnitt von außen notwendig ist. Ein dünnes optisches Gerät (Endoskop) wird über ein Tränenpünktchen eingeschoben. Auf einem Monitor kann beurteilt werden, wo sich die Engstelle oder der Verschluss befindet und welche weiteren Maßnahmen erfolgversprechend sind. Bisweilen kann es ausreichen, lediglich einen Schlauch einzuführen. Meist ist aber ein Aufbohren mit einem feinen Gerät (Mikrodrillplastik, MDP) oder eine Eröffnung durch Laser (Laserdakryoplastik, LDP) erforderlich. In wenigen Fällen zeigt sich bei der Endoskopie auch, dass eine Operation von außen per Schnitt vorgenommen werden muss. Nach der endoskopischen Operation wird ein
Tränenwegsschläuchlein eingelegt.
In einigen Fällen, z. B. nach einer Tränensackentzündung (Dakryozystitis), kann es erforderlich sein, eine
Tränenwegsoperation von außen (
Toti-Operation) durchzuführen. Dabei wird ein Hautschnitt im Bereich der Nase in der Nähe des Augenwinkels vorgenommen. Nach Eröffnung des Tränensackes wird der Knochen zur Nasenhöhle hin aufgebohrt, damit eine künstliche Öffnung vorhanden ist. Die Ränder der angeschnittenen Tränensack- und Nasenhöhlenschleimhaut werden seitlich am Knochenfenster miteinander vernäht. Nach den Maßnahmen wird der äußere Schnitt zugenäht und auch ein Schlauch eingeführt. Zusätzlich wird eine Nasentamponade in die Nasenhöhle eingeschoben und dort für ein bis zwei Tage belassen, damit eventuelle Blutungen verhindert oder aufgefangen werden können.
Je nach dem Befund können
weitere spezielle
Maßnahmen vorgenommen werden. Möglich ist beispielsweise eine Aufdehnung eines verengten Tränenwegs mit einem Ballon (Ballondilatation). In Zusammenarbeit mit Ärzten aus der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde kann eine Schnittoperation der Tränenwege von innen erfolgen (endonasale Tränenwegsoperation). Nach mehrfacher erfolgloser Tränenwegsoperation kann es notwendig werden, eine relativ weite Verbindung zur Nasenhöhle zu schaffen, in die dann ein Spezialrohr aus Kunststoff (Jones-Tube, Metaireaux-Tube) eingelegt wird.
Eingriffe an den Tränenwegen werden des Weiteren auch bei Verletzungen durchgeführt. Bei Tränenwegsverletzungen besteht die Gefahr, dass das Tränenkanälchen falsch wieder zusammenwächst. Daher wird das Gewebe möglichst in seiner ursprünglichen Position vernäht. Eingelegt wird zur inneren Schienung ein spezielles Schläuchlein, das aber nicht bis in die Nase reicht (
Ringintubation).
Welche Komplikationen können bei der Tränenwegs-OP vorkommen?
Blutungen und auch Nachblutungen sind möglich. Blutergüsse und vorübergehende Schwellungen können sich entwickeln. Ebenso können Entzündungen auftreten. Selten sind Schäden an den Lidern oder am Augapfel. In äußerst seltenen Fällen kann die Nasenschleimhaut zugrunde gehen und sich eine unangenehm riechende Nase entwickeln. Nicht auszuschließen ist des Weiteren eine dauerhafte Sehverschlechterung bis Erblindung. Nach einer Operation von außen kann eine überschießende Narbenbildung auftreten.
Verhalten nach einer Operation der Tränenwege
Der Patient sollte seine Nase
nicht schneuzen, damit die Intubation (Tränenwegsschlauch) nicht herausrutscht und keine Schäden entstehen. Es empfiehlt sich, die Nase abzutupfen oder das Sekret hochzuziehen. Sollte der Schlauch dennoch herausrutschen, ist dies in aller Regel ungefährlich, kann aber den Operationserfolg beeinträchtigen. Der Patient sollte sich bald zum Augenarzt begeben.
In der Regel kann der Schlauch nach drei Monaten vom Augenarzt gezogen werden. Manchmal muss er aber auch länger belassen werden.
Erfolgsaussichten der Tränenwegsoperation
Meist lassen sich mit der Tränenwegs-OP gute Erfolge erzielen. Das Augentränen und die weiteren Beschwerden bessern sich oft oder verschwinden komplett. Dennoch kann es nicht selten zu einem Wiederauftreten (Rezidiv) kommen. Die Operation von außen (Toti) ist allgemein meist erfolgversprechender als die endoskopische Operation, allerdings auch ein weit weniger schonendes Verfahren.