Grundlagen
Ein tief in das Auge eingedrungener Fremdkörper (
intraokularer Fremdkörper) muss unbedingt entfernt werden. Es besteht die Gefahr von schwerwiegenden Folgeschäden, z. B. Entzündungen, Ablagerungen oder Schädigung der Netzhaut. Im Extremfall droht eine Erblindung oder der Verlust des Auges. Immer liegt auch eine Verletzung vor, die die Augapfelwand (Hornhaut oder Lederhaut) durchdringt. Diese Eröffnung muss ebenfalls versorgt werden.
Auf welche Weise kann ein Fremdkörper in das Augeninnere gelangen?
Ein Fremdkörper im Inneren des Auges kann nach ganz verschiedenen Unfällen vorhanden sein. Beispiele für die Entstehung einer solchen Verletzung sind Arbeiten mit Hammer und Meißel, bei denen Splitter mit einiger Wucht in das Auge fliegen können, oder Unfälle mit Glasbruch.
Was bemerkt der Betroffene?
Das Auge schmerzt oft und ist gerötet. Es kann zu einem Lidkrampf kommen. Die Sehschärfe kann normal, aber auch herabgesetzt sein. Kleine Fremdkörper, die in das Auge eingedrungen sind, werden mitunter zunächst gar nicht bemerkt. Bei ausgedehnten Verletzungen ist von außen sichtbar, dass die Struktur des Auges geschädigt ist.
Was ist bei der Ersten Hilfe bei solchen Augenverletzungen zu beachten?
Besteht der Verdacht, dass eine Durchstoßung der Augapfelwand beziehungsweise ein tiefer Fremdkörper im Auge vorliegt, sollte das Auge möglichst mit einem sauberen Verband abgedeckt werden. Dabei darf kein größerer Druck auf das Auge ausgeübt werden. Falls ein großer sichtbarer Fremdkörper im Auge steckt, sollte dieser unbedingt belassen werden, da ein Herausziehen weitere Schäden verursachen kann. Ein zeitnaher Transport in eine Augenklinik ist notwendig, damit ein Augenarzt eine baldige gründliche Untersuchung durchführen kann.
Welche Schäden können durch einen Fremdkörper im Auge verursacht werden?
Bei einem eingedrungenen Fremdkörper muss der Augapfel an mindestens einer Stelle eröffnet worden sein. Durch diese Verletzung (Perforation) können Keime eindringen, und es kann zu schweren Augenentzündungen kommen. Durch die Verletzung können Strukturen des Auges mitunter erheblich geschädigt sein.
Durch den Fremdkörper selbst können Folgeschäden entstehen, wenn dieser nicht herausgeholt wird. Durch den Reizzustand sowie durch an dem Fremdkörper haftende Keime (z. B. Bakterien, Pilze) können Entzündungen verursacht werden. Krankheitskeime befinden sich besonders an organischen Fremdkörpern, z. B. Holzsplittern. Ist ein Fremdkörper in den Glaskörper eingedrungen, so besteht in vielen Fällen eine „Blutspur“ von der Eintrittsstelle bis zum Augenhintergrund, an dem sich der Fremdkörper befindet. Es kann sich durch dieses Blut ein Strang im Glaskörper entwickeln, der eine Zugwirkung (Traktion) auf die Netzhaut ausübt. Dies kann dann zu einer Netzhautablösung führen, die das Augenlicht auf der betroffenen Seite bedroht.
Bei metallischen Fremdkörpern können abgegebene Substanzen zu Schäden führen. Eisen und Kupfer können sich ablagern. Eisenablagerungen (Siderosis, „Rost“) können an mehreren Strukturen des Auges zu Veränderungen führen, die das Sehen dauerhaft bedrohen können. Im Vordergrund stehen Schäden der Netzhaut, also der Zellschicht am Augenhintergrund, die die Lichtreize aufnimmt. Auch durch Kupferfremdkörper können schwere Veränderungen an Netzhaut und anderen Strukturen sowie heftige Augenentzündungen ausgelöst werden (Chalkosis).
Untersuchungen bei Verdacht auf einen Fremdkörper im Augeninneren
Der Patient wird über den Unfallhergang befragt (Anamnese), ein
Sehtest wird durchgeführt. Das Auge wird betrachtet. Dabei zeigt sich oft schon die Eintrittspforte des Fremdkörpers. Bindehaut und Hornhaut werden ebenso nach einem Fremdkörper abgesucht wie das Innere des Auges mit Vorderkammer, Regenbogenhaut, Linse, Glaskörperraum und Netzhaut. Aufgetretene Veränderungen beziehungsweise Schäden des Auges und der Umgebung werden beurteilt. Falls möglich, wird des Weiteren der Augendruck bestimmt. In bildgebenden Verfahren wie Röntgen, Ultraschall und Computertomographie (CT) kann der Fremdkörper ebenfalls gefunden werden sowie seine Lage bestimmt werden.
Operation zur Entfernung des Fremdkörpers
Eine baldige Fremdkörperentfernung ist dringend angeraten, um weitere Schäden bis zum Zugrundegehen des Auges zu verhindern. Kupferfremdkörper sollten besonders rasch entfernt werden. In der Regel werden Splitter innerhalb von 24 Stunden aus dem Auge herausoperiert. Bei manchen Fremdkörpern wird bisweilen bis zu zwei Wochen mit dem Eingriff gewartet, z. B. wenn zusätzlich eine Blutung im Glaskörperraum vorhanden ist. Lediglich alte Fremdkörper, die sich schon eine längere Zeit im Auge befinden, können eventuell belassen werden, da dann eine Operation oft eine größere Gefährdung für das Auge bedeutet als das Vorhandensein des Fremdkörpers.
Die Operation zur Fremdkörperentfernung kann in Vollnarkose, teilweise aber auch in örtlicher Betäubung vorgenommen werden. Dies richtet sich nach der Eindringtiefe, den aufgetretenen Schäden sowie auch nach dem Allgemeinzustand des Patienten. Falls kein ausreichender Impfschutz gegen Tetanus (Wundstarrkrampf) besteht, sollte dieser aufgefrischt werden. Zur Verhinderung von Entzündungen werden Antibiotika als Infusion und in Form von Augentropfen gegeben.
Fremdkörper in der Vorderkammer oder der Regenbogenhaut (Iris) können meist über einen Hornhautschnitt entfernt werden.
Bei Fremdkörpern in der Linse oder auch bei Linsentrübungen durch die Verletzung (traumatische Katarakt) wird eine Entfernung der Linse entsprechend einer Operation des Grauen Stars (
Katarakt-Operation) erforderlich. Die Linse wird in einer Operation über einen Hornhautschnitt meist mit speziellen Verfahren weich gemacht, herausgesaugt und durch eine Kunstlinse ersetzt.
Fremdkörper, die tiefer im Auge sitzen, also sich im Glaskörperraum befinden oder in der Netzhaut am Augenhintergrund stecken, werden durch eine Glaskörperentfernung (Vitrektomie, PPV) behandelt. Dazu wird der Glaskörper langsam mit einem Saug-Schneide-Gerät entfernt. Der Glaskörperraum wird mit Flüssigkeit, Gas oder Silikonöl befüllt.
Bisweilen kann ein spezieller Handmagnet verwendet werden, um Fremdkörper aus Metall zu entfernen.
Je nach den Begleitverletzungen erfolgen dann weitere Maßnahmen. Verletzte Strukturen werden rekonstruiert, herausgenommen oder ersetzt. Laserbehandlungen oder Kältebehandlungen (Kryokoagulation) zur Stabilisierung der Netzhaut können erfolgen. Manchmal wird auch auf den Augapfel eine Plombe oder ein Gürtelfaden (Cerclage) aufgenäht, um einer Netzhautablösung vorzubeugen oder diese zu behandeln.
Nach den Maßnahmen wird das Auge an den offenen Stellen zugenäht. Antibiotische Augentropfen oder Augensalbe werden angewendet. Das Auge wird mit einem Verband versorgt.
Komplikationen, die durch die Operation hervorgerufen werden können
Die Operation zur Fremdkörperentfernung ist wichtig und notwendig, um Folgeschäden verhindern zu können. Dennoch können auch durch die Operation selbst weitere Schäden verursacht werden. Es können Blutungen und Infektionen hervorgerufen werden. Es kann zur Netzhautablösung kommen, die bald zur Erblindung führen kann. Linse und Hornhaut können trüb werden. Der Augendruck kann sich erhöhen (Glaukom) oder stark erniedrigt sein. Insbesondere aufgrund der oft schweren Verletzung ist es nicht ausgeschlossen, dass es zum Verlust des Auges kommt.
Prognose nach der Fremdkörperentfernung
Die Erfolgsaussichten sind stark unterschiedlich und hängen vor allem von der Schwere der Verletzung ab. In einem Teil der Fälle kann auch nach Eindringen eines Fremdkörpers in das Auge eine annähernd normale Sehschärfe erreicht werden. Vor allem bei groben Verletzungen oder Entzündungen im Auge kann es jedoch vorkommen, dass der Patient auf dem Auge nur noch sehr schlecht sehen kann oder erblindet. Im schlimmsten Fall droht der Verlust des Auges, was meist durch die Operation verhindert werden kann. Es kann auch nach der Fremdkörperentfernung dazu kommen, dass sich weitere Veränderungen im betroffenen Auge entwickeln. Gegebenenfalls kann ein Folgeeingriff notwendig werden, um die Sehkraft zu erhalten.